Praxis


Brücke zwischen Pädagogik und Recht


Missstände profess. Erziehung- Praxisberichte  Missstände Jugendhilfe- Praxisberichte

IDEE FACHLICH- RECHTLICHES PROBLEMLÖSEN

Ausschließlich positive Rückmeldungen aus der Projektpraxis vor Ort, z.B:
  • „Wir möchten uns nochmal im Namen all unserer anwesenden Kolleginnen und Kollegen für den sehr informativen, detaillierten und auf enormes Fachwissen basierenden Vormittag bedanken. Was wir bisher an Rückmeldungen bekommen haben, klang ohne Ausnahme durchweg positiv. Das waren (leider nur) 3 Stunden, die sich wirklich inhaltlich gelohnt haben. Ich danke Ihnen (auch im Namen all unserer Angestellten) für Ihr Engagement und wünsche ihrem Projekt sowie Ihnen persönlich weiterhin viel Erfolg.“
  • „Aus der Perspektive der neuen Projektideen habe ich in meiner langjährigen Arbeit wohl Fehler gemacht“.

Anmelden: Fortbildung / Inhouseseminare / Begleitung in QM - Prozessen

Über die Mailanschrift martin-stoppel@gmx.de können Sie sich zur Teilnahme an Fortbildung/ Inhouseseminaren/ Begleitung in QM- Prozessen anmelden: Service Anbieter  Service Behörden

2 Fallbeispiele: fachlich – rechtlich bewertet

Verantwortung Pädagoge, Leitung, Jugendhilfebehörde/ Fallbeispiel

Vorab eine Übersicht zu den legalen Handlungsoptionen im pädagogischen Alltag


I. GRUNDLEGENDE HINWEISE

Ob im pädagogischen Alltag einer erziehungsbeauftragten Institution grenzverletzendes Verhalten auszuschließen ist, mithin Machtmissbrauch, richtet sich nach:

  • der fachlichen Grenze der Erziehung  → „Fachliche Begründbarkeit“/ Legitimität
  • der rechtlichen Grenze der Erziehung → Rechtliche Zulässigkeit/ Legalität

1. Die Prüfung der fachlichen Erziehungsgrenze ist mit der Fragestellung verbunden, ob für eine neutrale Person nachvollziehbar ein pädagogisches Ziel verfolgt wird (pädagogische Schlüssigkeit). Insbesondere ist zu fragen, ob eine pädagogische Grenzsetzung (verbal oder aktiv) vorliegt, d.h. zulässige Macht. Ist dies nicht der Fall, ist das Verhalten dennoch legal, wenn es erforderlich, geeignet und verhältnismäßig auf eine akurte Gefahrenlage (Gefahrenabwehr / Selbst- / Fremdgefährdung des Kindes/ Jugendlichen) reagiert. Anderenfalls liegt Machtmissbrauch vor.

2. Die Prüfung der rechtlichen Erziehungsgrenze/ Legalität ist mit der Fragestellung verbunden, ob das Verhalten der Rechtsordnung entspricht, insbesondere den Gesetzen.

legal-legitim

Legitimität und Legalität


II. FACHLICHE ERZIEHUNGSGRENZE

Die fachliche Grenze institutioneller Erziehung manifestiert sich in der „fachlichen Begründbarkeit„/ Legitimität. Das Prinzip der „fachlichen Begründbarkeit“ kann und will nicht unterschiedliche pädagogische Grundhaltungen ausschließen, etwa die anthroposophische Haltung, Kindern Kontakt zu Computern nicht zu ermöglichen oder das religiös bedingte Verbot erotischer Darstellungen. Auch ist zu folgern, dass sich die Bewertung des Verhaltens von PädagogInnen nicht an dem Aspekt der optimalen Pädagogik ausrichtet, vielmehr daran, ob innerhalb eines Rahmens möglicher Verhaltensoptionen so gehandelt wird, dass nachvollziehbar ein pädagogisches Ziel verfolgt wird.


III. RECHTLICHE ERZIEHUNGSGRENZE

Die rechtliche Grenze institutioneller Erziehung richtet sich nach der rechtlichen Zulässigkeit/ Legalität, d.h. nach der Rechtsordnung, insbesondere den Gesetzen, der Rechtsprechung und dem generell für Eltern und erziehungsbeauftragte Institutionen geltenden Verbot der Kindeswohlgefährdung.

Ist Verhalten pädagogisch nicht begründbar, bedingt auch dies Illegalität. Legalität ist aber immer gegeben, wenn zulässige Gefahrenabwehr außerhalb der Pädagogik ausgeübt wird: bei Eigen- oder Fremdgefährdung, die vom Kind/ Jugendlichen ausgeht und der geeignet und verhältnismäßig begegnet wird.


IV.  QUALITÄTSENTWICKLUNG / DAUERHAFTER QUALITÄTSZYKLUS

In Angeboten sollte folgender Prozess der Qualitätsentwicklung stattfinden, vom Projekt Pädagogik und Recht begleitet:
  • QM- Prozess, beginnend in den Teams
  • Selbstreflexion und Reflexion im Team: Teammitglieder benennen in den Teambesprechungen Situationen und pädagogische Regeln, die es gilt im Kontext der Herausforderungen des pädagogischen Alltags fachlich- rechtlich zu bewerten. Die notwendige Offenheit innerhalb des Teams sollte dadurch gewährleistet sein, dass die Leitung auf disziplinarische Schritte verzichtet – ausgenommen Straftaten – und im weiteren QM- Verfahren gegenüber der Leitung und dem Träger Anonymität gewährleistet ist.
  • Fachlich- rechtliche Bewertung entsprechend dem Prüfschema zulässige Macht
  • Meinungsbildung im Fachbereich i.S. gemeinsamer pädagogischer Grundhaltung
  • Entwickeln und Fortschreiben „fachlicher Handlungsleitlinien“
  • Ziel: pädagogische Qualität durch Reflexion und Kommunikation
  • Grundlage intern: offene Diskussionskultur und Bereitschaft, den Weg zu gehen (MitarbeiterInnen, Leitung)
  • Grundlage extern: Qualitätsdialog mit Jugend-/ Landesjugendamt
  • QM- Prozess In klaren Strukturen: fachliche Handlungsleitlinien, Teambesprechungen, Fachlicher Austausch im Fachbereich

Vor einem „QM- Prozess Handlungssicherheit“ wird i.d.R. ein Inhouseseminar durchgeführt. Wird auf dieser Grundlage Qualitätsentwicklung gewünscht, kann eine weitergehende Begleitung durch das Projekt sicher gestellt werden

paedagogik-recht_qualitaetszyklus

QM- Prozess

Qualitätszyklus der Pädagogi

Macht- Machtmissbrauch


Stop dem Machtmissbrauch !


 

VERGANGENHEIT AUFARBEITEN UND KONSEQUENZEN ZIEHEN – URSACHE VON MACHTMISSBRAUCH IN DER ERZIEHUNG BESTEHT HEUTE NOCH: GRENZE FACHLICH LEGITIMER ERZIEHUNG UNKLAR!

Massive Kinderrechtsverletzungen in der Vergangenheit:
 
1. Machtmissbrauch an ehemaligen Heimkindern:
 
2. Machtmissbrauch an „Verschickungskindern“:
 
Abgesehen davon, dass die Intensität des Machtmissbrauchs in der Vergangenheit gravierender war, stellt das Projekt Pädagogik und Recht/ https://www.paedagogikundrecht.de/ heute fest, dass sich dem Grunde nach nichts verändert hat. Nach wie vor besteht keine Orientierung, anhand welcher objektivierbarer Voraussetzung Erziehung von Machtmissbrauch abgegrenzt wird. Zwar ist seit 2000 „Gewalt“ in der Erziehung gesetzlich geächtet, jedoch wurde dieses „Gewaltverbot“ bisher nicht konkretisiert: wann liegt eine s.g. „entwürdigende Maßnahme“ vor?
 
Der Wegfall des „Züchtigungsrechts“ definiert zwar Straftaten wie Körperverletzung als Machtmissbrauch, wann aber das Handeln von Pädagog*innen außerhalb der Strafbarkeit fachlich illegitim ist, bleibt offen. Wann stellt sich z.B. das Festhalten eines Kindes als Machtmissbrauch dar? Darf ich in dieser Weise ein pädagogisches Gespräch fortführen, das ein Kind vorzeitig beenden will?
 
Der Gesetzgeber ist gefragt: Wann folgt dem 1. Schritt des „Gewaltverbots in der Erziehung“ der 2. Schritt der Politik, in der Erziehung den „Gewalt“begriff und damit den „unbestimmten Rechtsbegriff Kindeswohl“ zu konkretisieren? „KINBDESRECHTE IM GRUNDGESETZ“ zu verankern, ist nur ein Einstieg in die Grauzone mangelhafter Abgrenzung der Erziehung von Machtmissbrauch. Wichtiger ist es, im Bürgerlichen Gesetzbuch die „Unverletzbarkeit des Kindesrechts auf fachlich begründbares Handeln in der Erziehung“ einzufügen, zumindest für die professionelle Erziehung der Jugendhilfe im Sozialgesetzbuch VIII. Es wäre damit klargestellt, dass Handeln nur dann „fachlich legitim“ und keine „Gewalt“ ist, wenn es aus der Sicht einer gedachten neutralen Fachkraft geeignet ist, ein pädagogisches Ziel der „Eigenverantwortlichkeit“ bzw. der „Gemeinschaftsfähigkeit“ zu verfolgen (Perspektivwechsel).

I. WAS BEDEUTEN „MACHT“ UND „GEWALT“ ?

1. „Macht“ ist gleichzusetzen mit der Verantwortung, die im Zusammenhang mit der Erziehung wahrgenommen wird,

  • als pädagogische Macht:
    1. Zuwendung, Überzeugung, Vorbild, Achtsamkeit, Wertschätzung
    2. Eingriff in ein Kindesrecht durch pädagogische Grenzsetzung
  • oder als Aufsichtsmacht: Maßnahme in der Aufsichtsverantwortung, z.B. Abwehr akuter Gefahr, die vom Kind/ Jugendlichen ausgeht.

2. „Machtmissbrauch“ (Ziffer II) bedeutet „Gewalt“ im Sinne §1631II BGB, stellt sich als „entwürdigende Maßnahme“ im Kontext des seit 2001 geltenden „Gewaltverbots in der Erziehung“ dar, somit auch als Kindesrechtsverletzung


II. WAS BEDEUTET „MACHTMISSBRAUCH“ ?

Wann begeht der Mensch Machtmissbrauch?

Hierzu dieses Projekt Pädagogik und Recht: Machtmissbrauch liegt vor, wenn Macht ohne nachvollziehbare ethisch vertretbare Begründung ausgeübt wird, in ausschließlich subjektiver Begründung „der Zweck die Mittel heiligt“. Verlässt der Mensch ethische Prinzipien begeht er Machtmissbrauch.

Im Einzelnen:

1. In der Erziehung wird oft vom s.g. „natürlichen Machtüberhang“ gesprochen. Dabei ist davon auszugehen, dass „Macht“ mit „Verantwortung“ gleichgesetzt ist, das heißt Angebote/ Einrichtungen Verantwortung auf der Grundlage eines Erziehungsauftrags Sorgeberechtigter wahrnehmen. Wir betonen das, weil wir päd. Fachkräfte erleben, die den Begriff „Macht“ meiden, weil er negativ belegt sei.

In unserem Sinn ist „Machtmissbrauch“ in der Erziehung = nicht verantwortbares Wahrnehmen des Erziehungsauftrags. Das wiederum würde bedeuten, dass das Handeln nicht nachvollziehbar ein päd. Ziel verfolgt und insoweit nicht begründbar ist = illegitim, weil weder das Ziel der „Eigenverantwortlichkeit“ noch der „Gemeinschaftsfähigkeit“ (§ 1 SGB VIII) nachvollziehbar verfolgt wird. In diesem Kontext ist freilich auch zu bewerten, ob der Erziehungsauftrag selbst als „Machtmissbrauch“ einzustufen ist: diese Bewertung folgt den selben Prinzipien, an denen sich das Handeln der Beauftragten oientiert.

2. Wann liegt in der Jugend-/ Behindertenhilfe, in Schulen/ Internaten und in der stationären Kinder- und Jugendpsychiatrie „Machtmissbrauch“ vor? Hierzu bietet das Projekt PädagogInnen und Behörden praxisgerechte Antworten:

Machtmissbrauch liegt in unterschiedlicher Form vor:

a.  Verhalten der PädagogInnen ist bei Grenzsetzungen „machtmissbräuchlich“,

  • wenn es zwar fachlich begründbar ist, d.h. das Verfolgen eines pädagogischen Ziels erkennen lässt, jedoch die Zustimmung Sorgeberechtigter fehlt und keine akute Eigen- odere Fremdgefährdung des/r Kindes/Jugendlicher/n vorliegt, auf die „geeignet“ und „verhältnismäßig“ reagiert wird (Bemerkung: in Einrichtungen der Erziehungshilfe ist beim Umgang mit Taschengeld die Zustimmung des/r Kindes/ Jugendlichen erforderlich).
  • wenn es fachlich nicht begründbar ist und keine akute Eigen- oder Fremdgefährdung des/r Kindes/Jugendlicher/n vorliegt, auf die „geeignet“ und „verhältnismäßig“ reagiert wird.
  • wenn es sich als Kindeswohlgefährdung darstellt.
  • wenn es als strafbar einzustufen ist.

b.  Machtmissbrauch in Behörden („Willkürverbot“) liegt in folgenden Fällen vor:

  • Eine Entscheidung ist fachlich nicht begründbar, d.h. sie beinhaltet keine nachvollziehbare Voraussetzung für die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern/ Jugendlichen, oder aber sie entspricht nicht der Rechtsordnung.
  • Eine Entscheidung verletzt Art. 3 CRC (UN Kinderrechtskonvention), d.h. sie ist nicht vorrangig auf das Kindeswohl ausgerichtet. Letzteres ist der Fall, wenn Eigeninteressen im Vordergrund stehen oder sachfremde Erwägungen.
  • Eine Entscheidung stellt sich als „kindeswohlgefährdend“ oder als Straftat dar.

III. PROJEKT – GRUNDSÄTZE – „Kategorischer Imperativ der Pädagogik“

Wir sprechen vom „Kategorischen Imperativ der Pädagogik“: „Entscheide und verhalte dich so, dass du einer für Alle geltenden Maxime fachlicher Begründbarkeit entsprechen kannst“.

Daraus leiten wir diese 10 Grundsätze ab:

1. Wir gestalten eine Brücke im Spannungsfeld Pädagogik – Kindesrechte.

2. Unser Ziel: Stärkung des Kindesschutzes und der Handlungssicherheit durch fachlich legitimes/ begründbares Handeln der Pädagog*nnen in schwierigen Situationen des Erziehungsalltags sowie durch fachlich und rechtlich nachvollziehbare Entscheidungen zuständiger Behörden (Jugendamt/ Landes-, Schulaufsicht).

3. Fachlich legitim/begründbar ist das Handeln, das aus der Sicht einer gedachten neutralen Fachkraft (Perspektivwechsel) geeignet ist, ein pädagogisches Ziel der Eigenverantwortlich- keit und/ oder der Gemeinschaftsfähigkeit zu verfolgen (§ 1 Sozialgesetzbuch VIII/ SGB VIII). Bei einer physischen Grenzsetzung (z.B. am Arm fassen, um ein pädagogisches Gespräch fortzuführen) ist zusätzlich die Frage zu stellen, ob das Handeln „angemessen“ ist, das heißt geeignet und verhältnismäßig. „Verhältnismäßig“ bedeutet, dass keine andere physische Grenzsetzung in Betracht kommt, die weniger intensiv in das Kindesrecht eingreift. Und: nur wenn eine vorherige verbale Grenzsetzung zeitlich unmöglich oder erfolglos war, ist die physische Grenzsetzung „angemessen“, das Handeln fachlich legitim/begründbar.

4. Ist Handeln fachlich legitim/begründbar, entspricht es dem Kindeswohl. Wir verbinden dies mit dem Anspruch bestmöglicher Wirksamkeit: mit der prognostischen Wahrscheinlichkeit, dass ein pädagogischen Ziel erreicht wird.

5. Wir stellen fest, dass die Erziehungswissenschaft und die Rechtsordnung derzeit keine Antworten bieten, welches Handeln dem Kindeswohl entspricht. Wir konkretisieren daher den „unbestimmten Rechtsbegriff Kindeswohl“, indem wir die Pädagogik und das Recht in diesem Kernsatz integrativ verbinden: in der Erziehung kann nur fachlich legitimes/begründbares Handeln rechtmäßig sein.

6. Wir stehen mit diesem Kernsatz im Spannungsfeld Pädagogik – Kinderrechte für ein neues Kindeswohlverständnis der Pädagog*innen und Behörden. Zur Abgrenzung fachlich legitimen/ begründbaren Handelns von Machtmissbrauch (unzulässiger Gewalt) bieten wir fachlich- rechtlich integrative Prüfschemata an, die auch in familiärer Erziehung unterstützen können.

7. Wir erkennen einen gesellschaftlichen Doppelauftrag in der Erziehung, unterscheiden Zwang als pädagogische Grenzsetzung und Zwang im Rechtsinstitut der „Gefahrenabwehr“.

8. Die Gefahrenabwehr beinhaltet die Befugnis, bei akuter Eigen- oder Fremdgefährdung des/r Kindes/Jugendlichen in ein Kindesrecht einzugreifen, z.B. bei einem körperlichen Angriff auf andere durch Festhalten in das Recht der körperlichen Unversehrtheit. Von „akuter Eigen- oder Fremdgefährdung“ ist auszugehen bei gegenwärtiger Lebensgefahr oder schwerwiegender Gesundheitsgefahr des/r Kindes/Jugendlichen selbst oder einer anderen Person. Die Reaktion darauf muss geeignet und verhältnismäßig sein („rechtfertigender Notstand“ im Strafrecht). Eine Eignung ist erst mit pädagogischer Aufarbeitung der Gefahrenabwehr- Situation gegeben und „Verhältnismäßigkeit“ setzt voraus, dass keine andere Maßnahme in Betracht kommt, die weniger intensiv in das Kindesrecht eingreift. Im Ergebnis liegt im Falle der rechtlich zulässigen Gefahrenabwehr keine Kindesrechtsverletzung vor.

9. In der Abgrenzung zum Machtmissbrauch/ Gewalt halten wir die Reflexion der Pädagog*innen und zuständigen Behörden in drei aufeinander aufbauenden Stufen für unentbehrlich:

– erste Stufe der persönlichen Haltung: Welches Handeln entspricht meiner pädagogischen Haltung?

– zweite Stufe der fachlichen Legitimität: ist mein Handeln geeignet, ein pädagogisches Ziel der Eigenverantwortlichkeit und/oder Gemeinschaftsfähigkeit zu verfolgen?

– dritte Stufe der rechtlichen Zulässigkeit: liegt die Zustimmung Sorgeberechtigter vor, sei es weil für sie vorhersehbar gehandelt wird oder sie ausdrücklich zustimmen? Im Falle fachlicher Illegitimität lautet die Frage: wird auf eine akute Eigen- oder Fremdgefährdung des/r Kindes/ Jugendlichen reagiert (Gefahrenabwehr)? Ist dies zu bejahen, ist das Handeln auch ohne die Zustimmung Sorgeberechtigter rechtmäßig.

10. Zur Stärkung des Kindesschutzes und der Handlungssicherheit der Pädagog*innen sowie der zuständigen Behörden empfehlen wir Handlungsleitsätze, die in einem „Fachdiskurs legitimes Handeln“ entwickelt werden, ausgerichtet auf Grenzsetzungen in schwierigen Situationen des Erziehungsalltags. Diese sollen im Rahmen fachlicher Legitimität und rechtlicher Zulässigkeit Orientierung bieten, unter anderem in der Erziehungshilfe des SGB VIII.

Die genannten Grundsätze basieren auf den Erziehungsgrenzen, wie diese bereits Kant beschrieben hat: „die Einschränkung der Freiheit ist nur in dem Maße gerechtfertigt, wie sie sich im Interesse zukünftiger Freiheit (Selbständigkeit) als erforderlich erweist.“


IV. MACHTMISSBRAUCH – BEGÜNSTIGENDE ASPEKTE

Von folgenden Machtmissbrauch begünstigenden Aspekten ist bei Anbietern auszugehen:

V. UND JUGENDHILFE- BEHÖRDEN ?

Vorweg die Position einer inzwischen selbständigen Pädagogin: „Ich habe auf der anderen Seite gearbeitet, im stationären und ambulanten Bereich. Natürlich habe ich zum einen hier festgestellt, dass es vielfach in Jugendämtern a) keine Kritierien gab und b) diese sehr individuell waren und c) Entscheidungen von eigenen Themen durchflutet waren. Dass hier Handlungsunsicherheiten aufkommen und es zu rechtproblematischen Entscheidungen kam bzw. kommt – das kann ich nur bestätigen.“

Das Rechtsstaatsprinzip ist in der Landesjugendamt – Einrichtungsaufsicht gefährdet !

Wollen Landesjugendämter einen Beitrag zu gestärkter Handlungssicherheit und damit zum Kindesschutz leisten? Das erfordert in den Entscheidungen weniger Subjektivität, stattdessen Nachvollziehbarkeit: Reduzierung der Beliebigkeitsgefahr bei Kindeswohl- Interpretationen. Da Landesjugendämter keiner fachkompetenten externen Aufsicht unterliegen, ist eine dementsprechend selbstkritische Haltung Grundvoraussetzung für eine qualfizierte Aufgabenwahrnehmung.

1. LANDESJUGENDÄMTER MÜSSEN QUALITÄTSDIALOGE ANBIETEN

ES ENTSPRICHT NICHT DEM RECHTSSTAATSPRINZIP, wenn beratungspflichtige Behörden wie ein Landesjugendamt und Schulaufsicht zu wichtigen Themen des päd. Alltags schweigen, etwa zum Thema „Wann beginnt Machtmissbrauch in der Erziehung – Welche Reaktionen sind in schwierigen Situationen fachlich begründbar/ legitim“ und stattdessen Behörden- MitarbeiterInnen nach eigener persönlicher päd. Haltung Aufsichtsentscheidungen treffen, denen keine nachvollziehbare objektivierende Entscheidungskriterien zugrunde liegen. Dazu 2 Stellungnahmen:

a. Detlef Diskowski, früher Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg, nun aktiv z.B. im Forum zur Kindertagesbetreuung in Brandenburg/ heute https://kita-brandenburg.de/ :„Aus meiner Sicht gibt es hierzu viele Gründe:

– „Feigheit“ = wenn man nichts macht, kann man auch nichts falsch machen; man kann nicht auf irgendetwas festgenagelt werden (deshalb ist auch verbieten leichter als erlauben)

– „Unkenntnis der konkreten Problemlagen und fehlende päd. Handlungskompetenz“ = deshalb ist es auch so schwer, oben vom Turm Orientierendes zur Praxis beizutragen.

– Weil wir keine Tradition (insbes. im Westen) der Befassung mit dem Handwerkszeug der Pädagogik haben. Wir können tagelang über Konzepte und Annahmen (Theorien sind das selten) schwadronieren, aber kaum über die konkrete Handlungsebene.“

b. (Will anonym bleiben) „Nicht nur Pädagogen brauchen einen Qualitätsdialog. Ich denke das er auch in der Sozialen Arbeit bzw. in allen Sozialberufen dringend nötig ist. Es werden in all diesen Bereichen unbedingt mehr verbindliche Standards benötigt. Nicht nur in Fällen von Kinderschutz oder ähnlichen Situationen.“

2. LEITSÄTZE ALS BASIS FÜR EINEN QUALITÄTSDIALOG

In der Pädagogik kann nur fachlich begründbares/ legitimes Handeln rechtens sein. Dabei ist natürlich die fachliche Diskussion zu führen, woran sich die fachliche Begründbarkeit/ Legitimität orientiert. Noch gibt es z.B. keine „Leitsätze der Jugendhilfe“, die dabei Orientierung böten. Hier ein Lösungsansatz:

Handlungsleitsätze Erziehungshilfe

3. ANTWORTEN DER BAGLJÄ (Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter) ?

Die BAGLJÄ nennt in ihren Empfehlungen zum Bundeskinderschutzgesetz unter Ziffer IV.1.1a zum FEHLVERHALTEN VON MITARBEITERINNEN u.a. folgende Sachverhalte:
  • Aufsichtspflichtverletzung
  • Verursachte oder begünstigte Übergriffe / Gewalttätigkeiten
  • sexuelle Gewalt
  • unzulässige Strafmaßnahmen, herabwürdigende Erziehungsstile, grob unpädagogisches, vorwiegend verletzendes Verhalten, Kindesrechtverletzung

Das hilft wohl nicht weiter: was bedeutet z.B. „grob unpädagogisch“?

Vor allem der letzte Sachverhalt führt nach den bundesweiten Projekterfahrungen zu erheblicher Interpretationsproblematik. Z.B. die Formel „grob unpädagogisch“ öffnet Tür und Tor für ausschließlich subjektive Bewertungen, verbunden mit Beliebigkeitsgefahr. Die Begriffsfindung der BAGLJÄ lässt zwar den Willen erkennen, dem Kindesschutz Rechnung zu tragen, tatsächlich aber zeigt sie, wie wichtig es ist, dass PädagogInnen, Behörden und sonstig Beteiligte der Kindeswohl- Interpretation ein gemeinsames Kindeswohl- Bewertungssystem zugrunde legen. Das wiederum bietet das Projekt an, wenn es im Rahmen des „unbestimmten Rechtsbegriffs Kindeswohl“ Strukturen vorschlägt. Jedenfalls sind die von der BAGLJÄ vorgeschlagenen Begriffe zu „schwammig“, um darauf aufbauend Kindesschutz zu gewährleisten. Im Interesse des Kindesschutzes und der dafür unabdingbaren Handlungssicherheit Verantwortlicher sollte eine Konkretisierung erreicht werden, was in Einrichtungen unter „Fehlverhalten von MitarbeiterInnen“ zu verstehen ist. Hierfür können die fachlich- rechtlichen Strukturen des Projekts herangezogen werden, insbesondere in der Abgrenzung „Verantwortbare Macht – Machtmissbrauch“.

Arten des Machtmissbrauchs

Für die Ombudschaft gilt gleiches. Auch Ombudspersonen benötigen eine Konkretisierung, was „Fehlverhalten“, mithin „Machtmissbrauch“ unter fachlichem und rechtlichem Aspekt beinhaltet. Nur dann kann das Instrument der Ombudschaft verwertbare und nachvollziehbare Empfehlungen/ Beratungen im Rahmen qualifizierter Verantwortung aussprechen, wobei das Verständnis, was „Fehl- verhalten“ ist, im Einklang mit der Sichtweise der Landesjugendämter stehen sollte.


Handlungsleitsätze Erziehungshilfe und Prüfschemata:

Freiheitsentzug: fachlich-rechtliche Sicht


 

Abgrenzung Freiheitsbeschränkungg von Freiheitsentzug


Die Diskussion geschlossene Unterbringung lässt sich wie folgt zusammenfassen:
  • CONTRA   Prof. Friedhelm Peters, Erziehungswissenschaftler Fachhochschule Erfurt: In einer geschlossenen Einrichtung lernt man, dort zurechtzukommen, sich mit s.g. Stufenplänen zu arrangieren. Man lernt oberflächliche Anpassung, nicht aber, mit normativen Vorgaben reflektiert umzugehen. Im Einzelnen z.B. auch VPE e.V. Schleswig- Holstein: für in der Heimerziehung Tätige ist die Betreuung der besonders „schwierigen“ Kinder und Jugendlichen zu einer großen, mitunter kaum noch zu tragenden Herausforderung geworden, deren Bewältigung jedoch nicht im Wegschließen zu finden ist. Geschlossene Unterbringung als Strukturmerkmal stationärer Kinder- und Jugendhilfe ist weder theoretisch hinreichend fundiert noch durch in der Praxis zu verzeichnende Erfolge empirisch bestätigt. Bislang kann weder vorab noch im Nachhinein positiv festgestellt werden, dass Freiheitsentzug für das Erreichen pädagogischer Kernziele sinnvoll bzw. voraussetzend ist. Demzufolge dient GU offensichtlich primär dem Sicherheitsbedürfnis der Gesellschaft vor besonders schwierigen Kindern/ Jugendlichen und scheint weniger Hilfe und Schutz für die Kinder/Jugendlichen zu sein. Das entspricht sowohl einem pädagogischen Missbrauch als auch einem Rechtsmissbrauch (???). Hier erfolgt Einsperren/ Strafe unter dem verharmlosenden Deckmantel der Erziehung. Eine zentrale Forderung an die stationäre Kinder- und Jugendhilfe gilt der Verbesserung der Betreuungskontinuität sowie der Fähigkeit, mit dem Kind/ Jugendlichen verlässlich und belastbar in Kontakt zu treten, lebensweltorientierte Hilfen anzubieten und die Partizipation am gesellschaftlichen Leben zu verbessern. Natürlich müssen wir uns grundsätzlich fragen, was präventiv getan werden muss, damit unsere Kinder erst gar nicht so schwierig werden. Heimerziehung darf sich im Interesse der betroffenen Kinder und Jugendlichen nicht daran hindern lassen, sich so qualifiziert zu entwickeln, dass sie auf die geschlossene Unterbringung als Interventionsform, „die helfen soll, wenn nichts mehr hilft“, verzichten kann (Bemerkung: diese Meinung ordnet irrigerweise den Freiheitsentzug als Maßnahme der Pädagogik ein; das ist falsch, da er ein juristisches Instrument der Gefahrenabwehr ist/ § 1631b BGB/ s. unten).
  • PRO   Sabine Bauer, stellvertretende Leiterin Mädchenheim Gauting: Einem 3-, 4-jährigen sagt man ganz klar nein und setzt eine Grenze. Bei Jugendlichen in der Form eigentlich nicht mehr, aber was mache ich mit einem Jugendlichen, der diese Grenze braucht? Wie gebe ich ihm die? Der braucht keine Freiheit, die hatte er die ganze Zeit in der einen oder anderen Form. Er braucht Halt, er braucht Orientierung, er braucht Sicherheit!
In der Pro- und Contra- Diskussion darf die Frage nicht lauten, ob Freiheitsentzug bejaht wird (Bemerkung: es handelt sich ja um ein Institut zivilrechtlicher Aufsichtspflicht). Vielmehr ist folgende Frage zu stellen und zu beantworten:

  • Wie kann unter freiheitsentziehenden Bedingungen pädagogisch gearbeitet, d.h. ein/e Kind/ Jugendliche/r pädagogisch erreicht werden? Wie kann ein/e PädagogIn im schwierigen Doppelauftrag Erziehen und Abschließen glaubwürdig bleiben?

Pädagogik unter Freiheitsentzug findet im Setting der besonders zugespitzten Aufträge Pädagogik (Persönlichkeitsentwicklung) und Aufsicht (Gefahrenabwehr) statt. Erforderlich sind spezifische pädagogische Konzepte, die – trotz des geschlossenen Rahmens – zielführende pädagogische Eignung verkörpern. Ob das der Fall ist, bleibt im Einzelfall zu prüfen. In bestimmten Fällen könnten also geschlossene Gruppen eine pädagogische Chance bieten.

  • Zu im Freiheitsentzug denkbar wirksamen pädagogischen Konzepten kann auf die Studie des Deutschen Jugendinstituts/ DJI hingewiesen werden „Effekte freiheitsentziehender Maßnahmen in der Jugendhilfe“/ 2010/ DJi . Darin ist folgende Schlussfolgerung enthalten: Die Ergebnisse der Studie machen deutlich, dass Geschlossenheit, Abschottung nach außen und geringe Partizipationsmöglichkeiten den Erziehungsprozess und den Aufbau pädagogischer Beziehungen zumindest am Anfang für die große Mehrzahl der Jugendlichen sehr erschweren. Das Paradoxon, durch Freiheitsentzug zur Freiheit erziehen zu wollen, kann nur dann produktiv aufgelöst werden, wenn die Jugendlichen ihrerseits paradox reagieren und die Zwangsangebote quasi freiwillig annehmen. Freiheitsentzug kann also insbesondere dann positive und zum Teil auch dauerhafte Effekte aufweisen, wenn Jugendliche dieses Setting als Hilfe für sich anerkennen und mitgestalten. Voraussetzung für pädagogische Einflussnahme ist, dass sie ….die drastische Grenzsetzung durch den Freiheitsentzug als Chance nutzen lernen, für sich etwas zu erreichen. Dazu müssen sie ihren anfänglichen Widerstand zumindest teilweise aufgeben und das Angebot, sich die Freiheit schrittweise zurück zu erobern, als eine Bewährungsprobe annehmen können“.
  • Mit anderen Worten: der freiheitsentziehende Rahmen stationärer Erziehungshilfe ist zwar für sich betrachtet nicht geeignet, ein pädagogisches Ziel zu verfolgen. Dennoch kann er über die Brücke einer pädagogischen Vereinbarung Teil eines pädagogischen Prozesses sein, indem ihn der betroffene junge Mensch als Chance begreift. Bei Freiheitsentzug ist somit ein spezifisches pädagogisches Konzept erforderlich, das durch verlässliche Beziehung, Überzeugung und Glaubwürdigkeit in der Lage ist, die auf die Psyche des Minderjährigen wirkenden Belastungen zu mindern und damit die Voraussetzungen für einen auf Vertrauen gestützten pädagogischen Prozess zu eröffnen. Bedingung ist, dass der junge Mensch den Freiheitsentzug als Ausdruck zwischenmenschlicher, persönlicher Auseinandersetzung empfindet. Auch setzt ein unter freiheitsentziehenden Bedingungen praktiziertes Konzept voraus, dass das Kind/ der/die Jugendliche den eigenen Willen nicht nur auf Autonomie ausgerichtet hat, d.h. darauf die Einrichtung zu verlassen, vielmehr auch ein Wille erkennbar ist, sich mit dem pädagogischen Angebot zu befassen. Fehlt diese Ambivalenz, ist kein geeigneter Prozess denkbar, der ein pädagogischen Ziel verfolgen könnte. D.h. es fehlt die fachliche Verantwortbarkeit/ Legitimität: das Kind/ der/die Jugendliche ist pädagogisch nicht erreichbar, der Freiheitsentzug ist nach Absprache mit entscheidungsverantwortlichen Sorgeberechtigten und genehmigungszuständigen Richtern (§ 1631b BGB) zu beenden. Das Konzept erfordert darüber hinaus Rollenklarheit im Doppelauftrag Hilfe – Kontrolle. Glaubwürdig handelt die/ der PädagogIn insbesondere, wenn sie/er dem Kind/ Jugendlichen die rechtlichen Grundlagen des Freiheitsentzugs erläutert und in der Aufrechterhaltung des Freiheitsentzuges fortlaufend dessen weitere Notwendigkeit überprüft und erklärt. Diese grundlegenden pädagogisch- konzeptionellen Aussagen beachtend fällt dem Freiheitsentzug im Fokus des Themas „Machtmissbrauch“ eine hervorgehobene Bedeutung zu, auch wenn zur Zeit bundesweit nur ca. 360 geschlossene Plätze vorhanden sind, aufgrund gesellschaftlicher Erwartungen freilich mit steigender Tendenz. Die Bedeutung resultiert insbesondere aus erheblichen Grauzonen in der gelebten Abgrenzung zwischen Freiheitsentzug und Freiheitsbeschränkung sowie aus im Einzelfall nur schwer zu lösenden Zielkonflikten zwischen Erziehung einerseits und Kontrolle durch verschlossene Türen andererseits (Bemerkung: im Unterschierd zum Freiheitsentzug ist die Freiheitsbeschränkung i.d.R. pädagogisch begründbar).

Drei Stufen des Reglementierens


Regeln: fachlich verantwortbar?


I. STUFEN DES REGLEMENTIERENS

Anbieter können in dreierlei Hinsicht Regeln aufstellen:

  • Regeln in der Hausordnung: Inhalt des mit Eltern/ Sorgeberechtigten abgeschlossen Betreuungsvertrags. Beispiele: Verbot bestimmte persönliche Gegenstände wie PC in die Einrichtung mitzubringen, Nachtruhegebot. Es handelt sich um Regeln, die der Anbieter im Interesse des „gedeihlichen Zusammenlebens“ für erforderlich hält. Dabei geht es primär nicht darum, bestimmte pädagogische Ziele zu erreichen (pädagogische Regel).
  • Regeln zur Gefahrenabwehr: im Einzelfall für ein/e Kind/ Jugendliche/n wegen Eigen- oder Fremdgefährdung festgelegt. Beispiel: Verbot einer Stablampe, die wegen Aggressivität als Waffe benutzt werden kann. Bemerkung: eine entsprechende Gruppenregel käme nur in Betracht, wenn und solange von allen Gruppenmitgliedern eine Fremdgefährdung ausgeht.
  • Pädagogische Regeln: für eine Gruppe oder ein/e Kind/ Jugendliche/n mit pädagogischem Ziel festgelegt. Beispiel für eine pädagogische Gruppenregel: jede/r übernimmt Aufgaben für die Anderen, etwa hinsichtlich Raumsäuberung oder Küchendienst. Beispiel einer individuellen pädagogischen Regel: Vorenthalten eines Gegenstandes, verbunden mit der Vereinbarung, diesen im Rahmen eines Verstärkerplans zu erwerben. Bemerkung: individuellen pädagogischen Regeln sollte wegen des auf den Erziehungsbedarf der/s einzelnen Kindes/ Jugendlichen ausgerichteten Zwecks gegenüber pädagogischen Gruppenregeln der Vorzug gegeben werden. Individuelle pädagogische Regeln und pädagogische Gruppenregeln unterliegen dem Anforderungsprofil der „fachlichen Begründbarkeit“ (Prüfschema 1  Prüfschema 1 Diagramm  Prüfschema 2  Prüfschema 3  Prüfschema 4)

Anhand des Prinzips „3 Stufen des Reglementierens“ lässt sich darstellen, dass eine Regel auf allen 3 Stufen ausgesprochen werden kann: zum Beispiel das Verbot des Besitzes einer Stablampe als generelle Vorgabe der Hausordnung, als individuelles Verbot mit dem Ziel der Gefahrenabwehr und als individuelle pädagogische Regel, verbunden mit einem Verstärkerplan. Entscheidend ist stets das verfolgte Ziel. Auch wenn rechtlich betrachtet in der Stufe der Hausordnung vieles reglementiert werden kann, wird doch empfohlen, einerseits nicht zuviel zu reglementieren, andererseits den Großteil der Regeln in der individuellen Stufe pädagogischer Regeln zu setzen, in der individuellen Stufe der Gefahrenabwehr nur, wenn die Mittel der Pädagogik ausgeschöpft sind.

Neben einzelnen Erziehungsmaßnahmen kann jede Regel im Rahmen des fachlich- rechtlichen Problemlösens i.S. des Einhaltens der fachlichen und der rechtlichen Erziehungsgrenze überprüft werden (Prüfschemata). Dies gilt entsprechend für die Leitung, den Träger oder einer Behörde wie Jugendamt, Landesjugendamt, Schulaufsicht. Die Prüfschemata sind also u.a. mit folgenden Fragen verknüpft :

  • Ist die Regel fachlich verantwortbar, d.h. verfolgt ein nachvollziehbares pädagogisches Ziel (Legitimität) ?
  • Entspricht die Regel den Gesetzen und der Rechtsprechung (Legalität) ?

II. WANN SIND STRAFEN LEGITIM, WANN LEGAL?

In welchem Rahmen sind Strafen (Reaktionen auf unerwünschtes Verhalten) fachlich verantwortbar und rechtlich zulässig?

Hierzu folgende Hinweise : Pädagogische Regeln, die mit Strafen verbunden sind, vefolgen das Ziel der Eigenverantwortlichkeit bzw. der Gemeinschaftsfähigkeit durch eine positive Verhaltensentwicklung. Dies ist in Zweifel zu ziehen, wenn die Strafe keinen nachvollziehbaren Bezug zu einem pädagogischen Ziel hat, z.B. ein unmittelbarer Bezug zum Anlassverhalten der/s Kindes/ Jugendlichen nicht erkennbar ist. Dann ist die „fachliche Verantwortbarkeit“ i.dR. auszuschließen, d.h. die Regel illegitim.


In diesem Zusammenhang sei auf folge Beispiele hingewiesen:

  • Strafen sind als „Pädagogische Grenzsetzungen“ denkbar: als fachlich verantwortbare und rechtlich zulässige Macht.
  • Nicht verantwortbar/ rechtlich unzulässig sind z.B. Bloßstellen vor Anderen oder verbale Erniedrigungen (entwürdigende Maßnahmen i.S. § 1631II BGB).