Praxis


Brücke zwischen Pädagogik und Recht


Missstände profess. Erziehung- Praxisberichte  Missstände Jugendhilfe- Praxisberichte

IDEE FACHLICH- RECHTLICHES PROBLEMLÖSEN

Ausschließlich positive Rückmeldungen aus der Projektpraxis vor Ort, z.B:
  • „Wir möchten uns nochmal im Namen all unserer anwesenden Kolleginnen und Kollegen für den sehr informativen, detaillierten und auf enormes Fachwissen basierenden Vormittag bedanken. Was wir bisher an Rückmeldungen bekommen haben, klang ohne Ausnahme durchweg positiv. Das waren (leider nur) 3 Stunden, die sich wirklich inhaltlich gelohnt haben. Ich danke Ihnen (auch im Namen all unserer Angestellten) für Ihr Engagement und wünsche ihrem Projekt sowie Ihnen persönlich weiterhin viel Erfolg.“
  • „Aus der Perspektive der neuen Projektideen habe ich in meiner langjährigen Arbeit wohl Fehler gemacht“.

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2 Fallbeispiele: fachlich – rechtlich bewertet

Verantwortung Pädagoge, Leitung, Jugendhilfebehörde/ Fallbeispiel

Vorab eine Übersicht zu den legalen Handlungsoptionen im pädagogischen Alltag


I. GRUNDLEGENDE HINWEISE

Ob im pädagogischen Alltag einer erziehungsbeauftragten Institution grenzverletzendes Verhalten auszuschließen ist, mithin Machtmissbrauch, richtet sich nach:

  • der fachlichen Grenze der Erziehung  → „Fachliche Begründbarkeit“/ Legitimität
  • der rechtlichen Grenze der Erziehung → Rechtliche Zulässigkeit/ Legalität

1. Die Prüfung der fachlichen Erziehungsgrenze ist mit der Fragestellung verbunden, ob für eine neutrale Person nachvollziehbar ein pädagogisches Ziel verfolgt wird (pädagogische Schlüssigkeit). Insbesondere ist zu fragen, ob eine pädagogische Grenzsetzung (verbal oder aktiv) vorliegt, d.h. zulässige Macht. Ist dies nicht der Fall, ist das Verhalten dennoch legal, wenn es erforderlich, geeignet und verhältnismäßig auf eine akurte Gefahrenlage (Gefahrenabwehr / Selbst- / Fremdgefährdung des Kindes/ Jugendlichen) reagiert. Anderenfalls liegt Machtmissbrauch vor.

2. Die Prüfung der rechtlichen Erziehungsgrenze/ Legalität ist mit der Fragestellung verbunden, ob das Verhalten der Rechtsordnung entspricht, insbesondere den Gesetzen.

legal-legitim

Legitimität und Legalität


II. FACHLICHE ERZIEHUNGSGRENZE

Die fachliche Grenze institutioneller Erziehung manifestiert sich in der „fachlichen Begründbarkeit„/ Legitimität. Das Prinzip der „fachlichen Begründbarkeit“ kann und will nicht unterschiedliche pädagogische Grundhaltungen ausschließen, etwa die anthroposophische Haltung, Kindern Kontakt zu Computern nicht zu ermöglichen oder das religiös bedingte Verbot erotischer Darstellungen. Auch ist zu folgern, dass sich die Bewertung des Verhaltens von PädagogInnen nicht an dem Aspekt der optimalen Pädagogik ausrichtet, vielmehr daran, ob innerhalb eines Rahmens möglicher Verhaltensoptionen so gehandelt wird, dass nachvollziehbar ein pädagogisches Ziel verfolgt wird.


III. RECHTLICHE ERZIEHUNGSGRENZE

Die rechtliche Grenze institutioneller Erziehung richtet sich nach der rechtlichen Zulässigkeit/ Legalität, d.h. nach der Rechtsordnung, insbesondere den Gesetzen, der Rechtsprechung und dem generell für Eltern und erziehungsbeauftragte Institutionen geltenden Verbot der Kindeswohlgefährdung.

Ist Verhalten pädagogisch nicht begründbar, bedingt auch dies Illegalität. Legalität ist aber immer gegeben, wenn zulässige Gefahrenabwehr außerhalb der Pädagogik ausgeübt wird: bei Eigen- oder Fremdgefährdung, die vom Kind/ Jugendlichen ausgeht und der geeignet und verhältnismäßig begegnet wird.


IV. DETAILS ZUM TABUTHEMA HANDLUNGSSICHERHEIT

Warum ist das Thema der Handlungssicherheit bisher immer noch ein Tabuthema?
  • PädagogInnen öffnen sich zum Teil nicht in krisenhaften Situationen des pädagogischen Alltags, wollen sich und anderen nicht eingestehen, an eigene Grenzen zu stoßen.
  • Oft werden betriebsintern arbeitsrechtliche Konsequenzen befürchtet, von Aufsichtsbehörden Vorwürfe, verbunden mit Rechtfertigungsdruck.
  • Kindern und Jugendlichen stehen zwar Beschwerdewege offen, die im Spannungsfeld Kindesrechte – Erziehung bei pädagogischen Grenzsetzungen entstehenden Probleme bleiben jedoch weitgehend verborgen. Evident werden in der Regel einfache Sachverhalte wie Essensqualität und „Teilnahme an Freizeitaktivitäten“. Im Übrigen: neutrale Beschwerdeinstanzen / Ombudschaften können nicht zur Objektivierung beitragen, wenn sie Subjektivität durch eigene ersetzen und sich nicht mit objektivierenden Kriterien der „Kindeswohl“auslegung befassen.

Übersicht zu legalen Handlungsoptionen im pädagogischen Alltag

Erziehen und Aufsichtsverantwortung

Die Abhängigkeit der Anbieter/ Träger von Aufsichtsbehörden verhindert Transparenz und Lösungen:

Z.B. in der Jugendhilfe ist es so, dass die Betriebserlaubnis- Abhängigkeit (Landesjugendamt/ in Österreich zuständige Landesbehörde) Einrichtungsträger oft davon abhält, rechtsstaatlich eröffnete Wege, insbesondere Gerichtsverfahren, im Sinne der Behördenkontrolle zu beschreiten. Der Rechtsstaat sieht dies jedoch als elementar an, um der Beliebigkeitsgefahr in der „Kindeswohl“- Auslegung zu begegnen. Stattdessen „arrangiert“ man sich oft. Dadurch werden zum Teil Vereinbarungen mit der Aufsichtsbehörde getroffen, die sich nicht nachvollziehbar am „Kindeswohl“ orientieren, mangels fachlicher Begründbarkeit anfechtbar sind.

Das Thema „Handlungssicherheit“ ist für PädagogInnen, Träger und Behörden virulent, die beraten und beaufsichtigen (Jugend-/ Landesjugendamt, Schulaufsicht).

Die Jugendhilfe sollte selbstkritisch sein und sich für wichtige Reformen öffnen:

1.  Es geht um Grauzonen in der Jugendhilfe, sowohl in Angeboten als auch in Jugend-/ Landesjugendämtern, das heißt um professionelle Erziehung, keinesfalls um die Erziehung in der Familie. Es sollten vorrangig die PraktikerInnen befragt werden, um Defizite zu öffnen. Diese werden freilich wegen der Betriebserlaubnisabhängigkeit (gegenüber Landesjugendämtern) und der Belegungsabhängigkeit (gegenüber Jugendämtern) schwer zu finden sein. Auch erleben wir in Seminaren, dass MitarbeiterInnen sich und anderen ungern eingestehen, in der „Abgrenzung Erziehen – Machtmissbrauch“ an persönliche Grenzen zu stoßen, verbunden mit der Besorgnis arbeitsrechtlicher Schritte des Trägers.

Wie also dieses System des Schweigens lösen?

Es reichen jedenfalls Kontakte mit Jugendhilfebehörden (einschließlich Bundesfachministerium) ebenso wenig wie die Anhörung von Fachleuten der Theorieebene.

Nötig sind Handlungsleitsätze, auf deren Basis einzelne Anbieter ihre pädagogische Grundhaltung i.S. § 8b II Nr.1 SGB VIII „zur Sicherung des Kindeswohls und zum Schutz vor Gewalt“ transparent darlegen. Das Problem ist freilich: es fehlt die Bereitschaft der Verbände und Behörden, sich einer entsprechenden Konkretisierung des Kindeswohls in der Jugendhilfe zu nähern, müssten sie sich doch eingestehen, sich über lange Zeit dem Thema „Handlungssicherheit“ insoweit verweigert zu haben. Wir brauchen aber dringend den Anstoß durch eine Kindeswohl- Konkretisierung im SGB VIII (eine Definition ist nicht möglich).mit einem „Kindesrecht auf fachlich begründbares legitimes Handelns in der Erziehung“ (s. nachfolgende Grafik).

2, Rheinische Post vom 3.3.2000:Der Bericht der Rheinischen Post zeigt, dass der Begriff „Kindeswohlgefährdung“ von den Jugendämtern sehr unterschiedlich ausgelegt wird, mithin auch der zugrundeliegende Begriff „Kindeswohl“.  Der Hintergrund: in der Jugendhilfe besteht kein einheitliches, Kindeswohl- Verständnis, da sie es bisher nicht geschafft hat, ihrer Aufgabenwahrnehmung LEITSÄTZE zugrunde zu legen, in denen die Begriffe „Kindeswohl“ und „Kindeswohlgefährdung“ konkretisiert werden. In dem RP- Bericht zündet übrigens der stellvertretende Jugendamtsleiter Alsdorf Michael Raida eine „Nebelkerze“, wenn er auf das Thema „örtliche Zuständigkeit“ ausweicht. Wir gehen davon aus, dass alle Jugendämter sorgsam und strukturiert arbeiten. Die Frage ist nur: auf welcher generellen, für alle nachvollziehbaren Entscheidungsbasis?

Detlef Diskowski (studierte Erziehungswissenschaften, war im Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg tätig und ist nun z.B. aktiv im Forum zur Kindertagesbetreuung in Brandenburg): „Sicherlich ist die zuweilen unzureichende Personalausstattung der öffentlichen Träger der Jugendhilfe ein großes Problem. In jedem Fall aber ist das Fehlen von Maßstäben ein Problem. Sie und Ihre Initiative, die eine Brücke zwischen Pädagogik und Recht schlagen will, packt daher ein wichtiges, vielleicht sogar DAS WICHTIGSTE Thema an. Solange die Kinder- und Jugendhilfe nicht eigene Bewertungsmaßstäbe entwickelt, sondern sich hinter juristischen Bewertungen versteckt, verbleibt sie im Vorprofessionellen. Welcher Statiker würde sich juristischen Bewertungen unterwerfen, ob er eine Brücke richtig berechnet hat. Welcher Arzt ließe sich von einem Juristen die Entfernung eines Blinddarms vorschreiben. Diesen Berufsgruppen haben ausschließlich die Anwendung der gültigen Regeln zu belegen; also die „Regeln der Kunst“, die Einhaltung von DIN etc. In der Pädagogik fabulieren viele davon, dass man „mit einem Bein im Gefängnis stehe“. Das hat nichts mit Folgen der tatsächlichen Rechtsprechung, aber viel mit der professionellen Unsicherheit zu tun. (Richter sind nämlich in aller Regel klüger und urteilen nicht selbstherrlich über Sachverhalte, die sie nicht einschätzen können, sondern befragen Sachverständige.) Dieser allgemein gültige Sachverstand, die Verständigung über die „Regeln der Kunst und des Handwerks Pädagogik“ … da müssen wir dringend ran.“

Martin Scheller https://sozialmanagementberatung.de/martin-scheller/: „Es geht auch um die Entwicklung eines begründeten Selbstverständnisses als Profession, fußend auf einem fundierten Fallverstehen und dem Verständnis von Entwicklung und Sozialisation. Es geht darum, die Randbereiche pädagogischen Handelns als Teil menschlicher Entwicklung zu erkennen, zu analysieren, zu begründen – und nicht zu frühe zu sagen: „Nein, das geht aber nicht“. Denn: Pädagogik bedeutet Risiko. Es geht darum, Risiken der zur Persönlichkeitsentwicklung erforderlichen Freiheit zu erklären und als legitimen und tatsächlich unausweichlichen Teil pädagogischen Handelns zu begründen. Voraussetzung dieser Begründungen können nur Handlungsleitsätze sein, die „fachlich legitime“ und „rechtlich zulässige“ Aspekte pädagogischen Handelns beschreiben.“

3. Die Praxis stellt Fragen, die unbeantwortet bleiben: https://www.paedagogikundrecht.de/wp-content/uploads/2021/03/Missstaende-in-der-Jugendhilfe-Praxisberichte.pdf

4. Jugendämter sind in ihren Entscheidungen nicht nachvollziehbar: https://rp-online.de/nrw/landespolitik/lehren-aus-dem-fall-luegde-forscher-halten-kinderschutz-in-deutschland-fuer-unzureichend_aid-49319659  und  https://rp-online.de/nrw/panorama/ein-tag-im-jugendamt_aid-20168465

5. In Landesjugendämtern besteht die Gefahr der Rechtsstaatswidrigkeit: https://www.paedagogikundrecht.de/wp-content/uploads/2021/03/Rechtsstaatsprobleme-der-Landesjugendaemter-1.pdf

6. Beispielhaft die selbstkritische Position einer Jugendamtsmitarbeiterin im Dialog mit dem Projekt Pädagogik und Recht: PROJEKT PÄDAGOGIK UND RECHT: Ich habe den Eindruck, dass in Jugendämtern und Landes- zur Zeit ausschließlich auf der Ebene der persönlichen pädagogischen Haltung „Machtmissbrauch“ definiert wird und die einzige objektivierbare Ebene das Strafrecht ist, das aber nicht ausreichen kann und darf, wenn es um „Machtmissbrauch“ geht. ANTWORT: auf jeden Fall. Das nervt mich ja auch so sehr, dass ich aus dem Job will. Bloß nichts gewähren, Kosten sparen. Das Kindeswohl ist eigentlich egal. Lange dachte ich, dort kann ich für Kids etwas bewegen. Aber das ist nicht mehr gewollt. Die Schwellen für Kindeswohlgefährdung werden immer höher, das Sichern des Kindeswohls immer geringer.


V.  QUALITÄTSENTWICKLUNG / DAUERHAFTER QUALITÄTSZYKLUS

In Angeboten sollte folgender Prozess der Qualitätsentwicklung stattfinden, vom Projekt Pädagogik und Recht begleitet:
  • QM- Prozess, beginnend in den Teams
  • Selbstreflexion und Reflexion im Team: Teammitglieder benennen in den Teambesprechungen Situationen und pädagogische Regeln, die es gilt im Kontext der Herausforderungen des pädagogischen Alltags fachlich- rechtlich zu bewerten. Die notwendige Offenheit innerhalb des Teams sollte dadurch gewährleistet sein, dass die Leitung auf disziplinarische Schritte verzichtet – ausgenommen Straftaten – und im weiteren QM- Verfahren gegenüber der Leitung und dem Träger Anonymität gewährleistet ist.
  • Fachlich- rechtliche Bewertung entsprechend dem Prüfschema zulässige Macht
  • Meinungsbildung im Fachbereich i.S. gemeinsamer pädagogischer Grundhaltung
  • Entwickeln und Fortschreiben „fachlicher Handlungsleitlinien“
  • Ziel: pädagogische Qualität durch Reflexion und Kommunikation
  • Grundlage intern: offene Diskussionskultur und Bereitschaft, den Weg zu gehen (MitarbeiterInnen, Leitung)
  • Grundlage extern: Qualitätsdialog mit Jugend-/ Landesjugendamt
  • QM- Prozess In klaren Strukturen: fachliche Handlungsleitlinien, Teambesprechungen, Fachlicher Austausch im Fachbereich

Vor einem „QM- Prozess Handlungssicherheit“ wird i.d.R. ein Inhouseseminar durchgeführt. Wird auf dieser Grundlage Qualitätsentwicklung gewünscht, kann eine weitergehende Begleitung durch das Projekt sicher gestellt werden

paedagogik-recht_qualitaetszyklus

QM- Prozess

Qualitätszyklus der Pädagogi